Deutsche Bundesregierung möchte illegales Glücksspiel stärker bekämpfen: Was steckt hinter den Plänen?
Der Glücksspielstaatsvertrag aus dem Jahr 2021 verfolgte ehrgeizige Pläne. Das Glücksspiel sollte in einen regulierten Markt kanalisiert werden, illegale Spielangebote galt es zu verdrängen. Fast vier Jahre später zeigt sich: Das ist nur teilweise gelungen. Nach wie vor sind die Schwarzmarktzahlen hoch, viele Spieler nutzen immer noch illegale und teils gefährliche Angebote, zulasten des Spielerschutzes, aber auch der seriös operierenden Anbieter.

Wenn es nach der neuen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz geht, soll das ein Ende haben. Man will sich dem Kampf stellen und illegale Glücksspiele stärker als zuvor bekämpfen. Die Glücksspielbranche zeigt sich erfreut, allerdings sind illegale Netzwerke in ganz Europa verbreitet. Ein aktiver Kampf dürfte schwer werden, denn die Hintermänner sind schwer zu fassen.
Hinzu kommt, dass Maßnahmen wie die Netzsperre (in der Schweiz erfolgreich aktiv), in Deutschland nur sehr schwer umzusetzen sind. Die GGL hatte schon einmal gefordert, unerlaubte Betreiber-Websites zu sperren. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Forderung ab und erklärte sie für rechtswidrig. Was sind die Pläne der Großen Koalition und welche Chancen hat Merz, sie erfolgreich umzusetzen?
Illegales Glücksspiel betrifft nicht nur Deutschland allein
Deutschland hat sich 2021 für einen regulierten und liberalen Weg im Umgang mit Glücksspiel entschieden. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder ist befugt Lizenzen zu vergeben, sodass seriöse Betreiber ihr Geschäft legal und unter Einhaltung des Spielerschutzes anbieten dürfen. Die Nachfrage aus Spielersicht ist hoch. Eine gültige Lizenz, ein netter Casino Bonus für Neukunden und effektiver Spielerschutz erfreuen auch Spieler und geben ihnen das Gefühl, gut geschützt zu spielen.
Allerdings machen illegale Betreiber das Geschäftsmodell der seriösen Anbieter zunichte. Sie werben oft mit deutlich höheren Auszahlungsquoten und besseren Spielangeboten (u.a. die durch den GlüStV. untersagten Tischspiele), bringen dabei aber kaum Spielerschutzmaßnahmen mit. Die Teilnahme an solchen Angeboten ohne Lizenz ist für Spieler gefährlich und illegal, doch die Transparenz fehlt. Viele unerfahrene Nutzer haben kaum eine Chance, ein erlaubtes von einem unerlaubten Angebot zu unterscheiden.
Das Geschäftsmodell der „Sucht" hat sich europaweit verbreitet und die Länder sind weitgehend machtlos. Hinter den Anbietern sitzen Briefkastenfirmen, Lizenzen werden entweder gar nicht erst beantragt oder in Ländern erworben (z.B. Curacao), wo die Hürden niedrig sind und jeder Betreiber mit Geld eine Lizenz erhalten kann.
GroKo will sich dem Kampf gegen illegale Spielangebote stellen
Es kam überraschend, dass die GroKo in ihrem Koalitionsvertrag auch das Thema Glücksspiel festhielt, denn im Wahlkampf war davon keine Rede. Für „Die Deutsche Automatenwirtschaft" und andere Beteiligte ist die explizite Erwähnung des Glücksspiels im Koalitionsvertrag ein Grund zur Freude, denn das Problem schwelt seit Jahren.
Man versuchte über Jahre hinweg, den Bundesländern die Eigenverantwortung zu überlassen, selbst unter der Schirmherrschaft der GGL gehen immer noch Länder einen Sonderweg.
Beispiel: Der Glücksspielstaatsvertrag schloss Tischspiele online aus, Schleswig-Holstein vergibt landesinterne Lizenzen und ermöglicht damit vier Online-Casinos genau diese Spiele anzubieten. Auch wenn der GlüStV. die Möglichkeit einer länderinternen Regelung explizit vorsieht, kann das Vorgehen zu Problemen führen. Teilnahmeberechtigt sind nämlich nur jene Spieler, die ihren festen Wohnsitz in Schleswig-Holstein haben. Das wiederum kann zu Neid bei anderen Interessenten und dann infolgedessen zum Zugriff auf illegale Angebote mit Tischspiel führen.
Unter der neuen Regierung soll es nun ein bundeseinheitliches Vorgehen beim Kampf gegen illegale Glücksspiele geben. Auch das war bisher Ländersache, man möchte nun anders vorgehen. Branchenverbände sind begeistert, schon seit Jahren fordert man immer wieder dazu auf, illegale Anbieter zurückzudrängen und das seriöse Angebot zu stärken.
Berliner Beispiel als Modell für die Zukunft?
Die Hauptstadt hat mit einer eigenen Taskforce dem illegalen Glücksspiel den Kampf angesagt. Mit Erfolg, denn während einer Großrazzia wurden zahlreiche Automaten beschlagnahmt, Betreiber ins Verhör genommen. 400 Ermittler arbeiteten konsequent und koordiniert, um illegale Spielerringe zu zerschlagen. Dabei geht man in Berlin clever vor, indem Steuerfahnder, Zoll, Ordnungsämter und Polizei gemeinsame Sache machen. Das sorgt nicht nur für schnellere Ergebnisse, sondern auch für Abschreckung.
Interessant: Durch den Berliner Senat wurde festgelegt, dass illegale Einnahmen aus Glücksspielen von den Ordnungsämtern abgeschöpft und dem Staat zugängig gemacht werden können. Ein weiterer Pluspunkt für Berlin, denn dieses Geld kann dann wiederum in den Kampf gegen illegale Spielangebote fließen.
Ob ein bundeseinheitliches Regelwerk zum Kampf gegen illegale Anbieter möglich ist, wird die neue Regierung in ihrer Legislatur zeigen müssen. Eine Taskforce, die aus mehreren Bereichen besteht und Glücksspielbetreiber mit einbezieht, scheint aber eine der wirkungsvollsten Methoden zu sein.
Auch Sonderwege wie der von Schleswig-Holstein sollten noch einmal kritisch unter die Lupe genommen werden. Der Weg ist richtig, denn ein Verbot von Tischspielen führt nicht zum Erfolg. Allerdings sollten den Weg alle Bundesländer gemeinsam gehen, um ein Ungleichgewicht zu verhindern.
Warum die Bekämpfung von illegalen Glücksspielen so kompliziert ist
Eigentlich könnte alles ganz einfach sein, denn die GGL gibt mit dem Glücksspielstaatsvertrag verständliche Rahmenbedingungen für legales Glücksspiel vor. Dennoch befürchten Experten, dass der Schwarzmarktanteil bei rund 50 Prozent liegen könnte und dafür gibt es Gründe. Gut gemeint ist manchmal falsch, insbesondere wenn eine Regulierung zur Überregulierung wird. Deutschland hat harte Regeln für legales Glücksspiel initiiert, darunter Einsatzgrenzen von einem Euro an Spielautomaten, Einzahlungsgrenzen von 1.000 Euro und ein generalisierter Wegfall von Tischspielen im Internet.
Mit dieser Regelung wurden bereits drei Spielergruppen enttäuscht. Sogenannte High-Roller, die mit hohen Einsätzen spielen, Vielzocker mit finanziellen Möglichkeiten und Liebhaber von Online-Casinospielen suchen sich oftmals Alternativen, anstatt das abgespeckte Angebot des Staates zu akzeptieren. So befördern die strengen Regeln des GlüStV indirekt einen florierenden Schwarzmarkt.
Hinzu kommt die unglücklich gewählte Spieleinsatzsteuer, die Deutschland derzeit als einziges EU-Land mit Ausnahme von Polen erhebt. Alle anderen Länder mit reguliertem Markt setzen auf eine Brutto-Spielertragsteuer und haben damit den fairen Weg gewählt. Deutsche Anbieter müssen zum Erhalt der eigenen Wirtschaftlichkeit an der Auszahlungsquote drehen und sie reduzieren. Das gibt illegalen Anbietern mit ausländischer Lizenz die Möglichkeit, genau hiermit zu werben.
Warum sollte ein Spieler in einem Glücksspielbetrieb mit deutscher Lizenz und schlechter Auszahlungsquote zocken, wenn Lizenzen aus dem EU-Ausland zumindest teilweise ebenfalls als sicher gelten, der RTP aber deutlich besser ist? Es ist an der neuen Bundesregierung, nicht nur Maßnahmen zur Bekämpfung, sondern auch Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des legalen Angebots zu planen und umzusetzen.